Professor Norris ist Professor für Politikwissenschaften an der University of California, Santa Barbara. Er ist der Autor von Becoming Who We Are: Politics and Practical Philosophy in the Work of Stanley Cavell (Oxford University Press, 2017) und der Herausgeber von Truth and Democracy (University of Pennsylvania Press, 2012), zusammen mit Jeremy Elkins; The Claim to Community: Essays on Stanley Cavell and Political Philosophy (Stanford University Press, 2006); und Politics, Metaphysics, and Death: Essays zu Giorgio Agambens Homo Sacer (Duke University Press, 2005). Er arbeitet hauptsächlich über post-kantische Existenzphilosophie im weitesten Sinne.
Prof. Andrew Norris
Senior Fellow
Zeitraum: August 2023 - August 2024
Forschungsprojekt: Kritik des Begehrens
Email: anorris@ucsb.edu
WebsiteForschungsprojekt
Kritik des Begehrens
Betrachtet man die zeitgenössische politische Ökonomie im Westen durch das Prisma des Begehrens, so werden zwei Dinge deutlich. Der erste ist, dass der wirtschaftliche Aspekt dieses Systems, wie in der gesamten Moderne, auf dem Prinzip des unbegrenzten Begehrens beruht. In der Tat kann die Moderne durch die Autonomie des Begehrens und die Ablehnung der christlichen und klassischen Beschränkungen seiner Befriedigung definiert werden. Zweitens beruht der politische Aspekt des Systems zunehmend auf einer Reihe von Gefühlen – Groll, Wut, Angst, Fremdenfeindlichkeit -, die nur grob als Begehren bezeichnet werden können. Solche politischen Emotionen sind zwar starke Triebe, die angesprochen werden wollen, aber sie sind nicht auf ein leuchtendes Objekt der Sehnsucht oder des sidus gerichtet, das Befriedigung bringen könnte, sondern reagieren auf Bedrohungen und Beleidigungen, die sich ständig erneuern. Eine solche reaktive Politik ist weder in der Lage unsere derzeitige Ökonomie noch eine Alternative zu ihr zu fundieren. Umgekehrt ist unsere Ökonomie konstitutiv resistent gegen die Etablierung stabiler Institutionen und Normen, wie die neoliberale Fetischisierung der Freiheit sowie das Beharren darauf, dass die Freiheit konzeptionell von allen anderen Werten oder Praktiken getrennt ist, deutlich macht. Die einzige Freiheit, auf die es ankommt, ist, wie es so schön heißt, die Freiheit zu tun, was man will. Um die Krise unserer politischen Ökonomie zu verstehen, bedarf es daher einer radikalen Kritik des Begehrens, die sowohl Fragen der Grenze als auch des Objekts anspricht.
Ausgewählte Publikationen
Artikel
“Resistances of the Will Must be Overcome: Wittgenstein on the Difficulty of Philosophy,” in: Wittgensteinian Exercises: Aesthetic and Ethical Transformations, ed. Lucilla Guidi (Paderborn: Wilhelm Fink Verlag, 2023)
“Cavell’s Inheritance of Luther,” in: European Journal of Philosophy 30, no. 3 (2022): 1062-1076
“Perfection and Disaster,” in: Angelaki: Journal of the Theoretical Humanities 27, no. 5 (2022): 17-36
“On the First Person: Kierkegaard/Cavell,” in: Understanding Cavell, Understanding Modernism (Bloomsbury Press, 2021)
“Being Realistic About Neoliberalism,” in: Constellations: An International Journal of Critical and Democratic Theory 27, no. 1 (March 2020): 63-78