Connie Wang ist Doktorandin am Institut für Philosophie an der Columbia University. In historischer Hinsicht gilt ihr Forschungsinteresse Hegel, Kant und Aristoteles, während ihr systematisches Interesse der sozialen und politischen Philosophie, der Moralphilosophie und der Psychoanalyse (insbesondere der Objektbeziehungstheorie) gilt.

Connie Wang
Doctoral DAAD Fellow
Zeitraum: Oktober 2023-August 2024
Forschungsprojekt: Im Anderen zu sehr bei sich sein: Seelenkrankheiten als Pathologien der Unmittelbarkeit in Hegels Anthropologie
Email: cw3123@columbia.edu
Forschungsprojekt
Im Anderen zu sehr bei sich sein: Seelenkrankheiten als Pathologien der Unmittelbarkeit in Hegels Anthropologie
Mein Forschungsprojekt formuliert und verteidigt eine Hegelsche Darstellung von Pathologien der Unmittelbarkeit oder von pathologischen Formen des „Bei-sich-Seins im Anderen“, die Hegel als „Seelenkrankheiten“ bezeichnet. Das Projekt zeigt, dass die Ressourcen für eine solche Darstellung in Hegels Anthropologie zu finden sind, die Hegels Theorie der Seele enthält, eine weithin vernachlässigte und wenig untersuchte Komponente von Hegels philosophischem System. Der erste Teil dieses Projekts verteidigt eine Interpretation der Seele als eine höchst primitive Form des subjektiven Bewusstseins, in der weder das Selbst noch das Andere qua objektiver Außenwelt als getrennte und diskrete, selbständige Entitäten existieren. Dei Seele beinhaltet eine unmittelbare Art und Weise, sich auf das Andere zu beziehen – das heißt eine Beziehung von Selbst und Anderem, in der die Grenzen zwischen dem Selbst und dem Anderen so durchlässig und unausgereift sind, dass, genau genommen, weder „Selbst“ noch „Welt“ in diesem Stadium existieren und stattdessen in einer verworrenen unmittelbaren Einheit verbleiben. Weil Hegels Konzeption der Seele genau diese Struktur des Bei-sich-Seins im Anderen darbietet, kann, so die These dieses Projekts, daraus eine Theorie der Pathologien der Unmittelbarkeit entwickelt werden.
Der zweite Teil dieses Projekts befasst sich mit der Ausarbeitung dieser Theorie und ihren sozialen und politischen Implikationen für die „geistigen Krankheiten“, die aus diesen gestörten Beziehungen zur Welt resultieren und den Möglichkeiten ihrer Behandlung. Für Hegel gehören zu diesen pathologischen Formen des Bei-sich-seins-im-Anderen am einen Ende des Spektrums die Vergrößerung unserer Subjektivität im Wahnsinn, bei der unser Selbstgefühl so aufgebläht wird, dass es aufhört, das Recht und die Macht der objektiven Außenwelt über uns anzuerkennen. Am anderen Ende des Spektrums können sie auch die Form des „Todes durch Gewohnheit“ annehmen, bei dem wir uns so sehr an die Normen, Sitten und Gebräuche unserer sozialen Welt gewöhnt haben, dass wir uns ihr gedankenlos unterordnen, unfähig, ihr Versagen zu erkennen, sowie unsere eigenen Fähigkeiten, sie so umzugestalten, dass sie unseren ethischen Idealen entspricht.