Was bedeutet es, wenn man behauptet, dass der menschliche Geist nur auf der Grundlage seiner Naturgeschichte verstanden werden kann? Es ist eine gängige Vorstellung, dass das Projekt einer solchen Naturgeschichte auf eine reduktive Erklärung des menschlichen Geistes abzielt. Der Workshop untersucht Kant und die postkantianische Tradition, um eine andere Vorstellung von Naturgeschichte zu erkunden.

Unter Rückgriff auf die kantische und postkantische Tradition kann eine andere Art von Naturalismus erschlossen werden, der weder ein reduktiver Naturalismus der ersten Natur noch ein rein therapeutischer Naturalismus der zweiten Natur ist, sondern vielmehr ein „dialektischer Naturalismus“. Während dieser dialektische Naturalismus einen wichtigen Ausgangspunkt in Kants Charakterisierung der Doppelnatur des Menschen als „tierisches, aber doch vernünftiges Wesen“ (KU §5) findet, wird er erst in der Nachfolge Kants im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert voll entwickelt. Das Projekt zielt darauf ab, diese Tradition des dialektischen Naturalismus von Hegel und Goethe bis zu Benjamin und Wittgenstein herauszuarbeiten und die verschiedenen Weisen zu artikulieren, in denen in diesen Spielarten eines dialektischen Naturalismus Natur, Geschichte und Kritik miteinander verknüpft werden.