Veranstaltungen
Die Bosheit der Freiheit
Immoralität und Vernunft nach Kant
20.-21.06.2022 Universität PotsdamObere Mensa, Haus 12
Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam
BEGIN:VCALENDAR … BEGIN:VEVENT TRANSP:TRANSPARENT DTEND;VALUE=DATE:20220622 UID:309_cpkp_event DESCRIPTION:Immoralität und Vernunft nach Kant // Universität Potsdam // Obere Mensa, Haus 12 // Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam STATUS:CONFIRMED SEQUENCE:1 X-APPLE-TRAVEL-ADVISORY-BEHAVIOR:AUTOMATIC SUMMARY:Die Bosheit der Freiheit DTSTART;VALUE=DATE:20220620 BEGIN:VALARM X-WR-ALARMUID:309_cpkp_event_alarm UID:309_cpkp_event_alarm TRIGGER:-PT15H X-APPLE-DEFAULT-ALARM:TRUE ATTACH;VALUE=URI:Chord ACTION:AUDIO END:VALARM END:VEVENT END:VCALENDAR
Wohl kaum ein Gedanke ist so bestimmend für die Systeme und Debatten der kantischen und nachkantischen Philosophie wie der Gedanke der Einheit von Freiheit und Gesetz. Das Sittengesetz, lehrt Kant, ist das Gesetz der Autonomie; wirklich frei ist, wer das moralisch Gute verwirklicht. Weder Fichte noch Schelling oder Hegel scheinen die Engführung von Freiheit und Sittlichkeit zu verneinen. So verwundert es nicht, wenn beispielsweise der zeitgenössische ethische Konstitutivismus, demzufolge moralische Normen in der Natur vernünftigen und darin freien Handelns gründen, sich zunehmend nicht mehr nur auf Kant, sondern auch auf andere Vertreter dieser Epoche beruft. Es mag daher überraschen, wenn wir in zentralen Passagen wichtiger Werke der kantischen und nachkantischen Philosophie neben der Idee der Einheit von Freiheit und Sittengesetz zugleich auch den Gegengedanken vertreten finden: den Gedanken, dass gerade die Immoralität – und zwar ihre Wirklichkeit, nicht allein ihre Möglichkeit – in bestimmtem Sinne konstitutiv für unsere Freiheit ist und dass es mithin eine freie Wirklichkeit von Sittlichkeit und Vernunft nicht ohne Immoralität geben kann. In seiner Religionsschrift erklärt Kant, dass wir Menschen, die einzigen Wesen unter dem Sittengesetz, deren Möglichkeit wir uns überhaupt verständlich machen können, mit „subjektiver Notwendigkeit“ moralisch böse sind. Auch wenn Fichte diese Lehre vom radikal Bösen nicht einfach übernimmt, verhandelt er diesen Gedanken in seinem System der Sittenlehre dennoch nicht ohne Grund im Abschnitt zu den „formalen Bedingungen der Moralität“. Hegel, sonst der schärfste Kritiker Kants, lobt gerade die Lehre vom radikal Bösen explizit und scheint sie im Moralitätskapitel seiner Grundlinien der Philosophie des Rechts noch zu verschärfen. Und in seiner Freiheitsschrift sucht Schelling eine Alternative zwischen Privationstheorien des Bösen auf der einen Seite und der manichäistischen Behauptung des positiven Charakters desselben auf der anderen gerade in einer Theorie von der „gemeinsamen Wurzel“ des Guten und des Bösen. Für den zeitgenössischen ethischen Konstitutivismus ist Freiheit zwar Ausdruck unserer vernünftigen Natur und besteht in unserem Bestimmtsein durch die konstitutiven Normen vernünftigen Handelns, zu denen auch die der Moral gehören. Der Gedanke jedoch, dass die Kraft, die die moralischen Normen entfalten, in uns zugleich eine Freiheit gegenüber diesen Normen erfordern könnte, hingegen scheint dem Konstitutivismus – wie auch anderen, der kantischen und nachkantischen Philosophie zugewandten Ansätzen und Deutungen derselben, etwa solchen, die sich beispielsweise an Wittgenstein oder Aristoteles anlehnen – gänzlich fernzuliegen.
Was ist jeweils der Grund für den Gegengedanken zum Gedanken der Einheit von Freiheit und Gesetz bei Kant und den genannten – und den hier nicht genannten – Vertretern der nachkantischen Tradition? Und wie sollen sich die beiden Gedanken miteinander vereinbaren lassen? Welche Herausforderungen ergeben sich für die Perspektiven des zeitgenössischen Konstitutivismus sowie anderer Ansätze und Deutungen, die jenen Gegengedanken negieren oder ausblenden, vor diesem Hintergrund? Das sind nur drei der möglichen Fragen, die wir auf unserer Tagung gemeinsam diskutieren wollen.
Programm
20. Juni 2022
Obere Mensa, Campus Am Neuen Palais, Haus 12
- 10:15-10:45 – Thomas Khurana (Potsdam), Begrüßung & Einleitung
- 10:45-12:00 – Andy Reath (UC Riverside), A Rationalist Conception of the Will
Chair: David Horst (University of Rio Grande do Sul) - 12:00-13:30 – Mittagspause
- 13:30-14:45 – Katharina Kraus (Notre Dame), Kant’s Conception of a Person: Inner Systematicity and the Possibility of Immorality
Chair: Mathias Ochs (Potsdam) - 14:45-15:00 – Kaffeepause
- 15:00-16:15 – Anastasia Berg (Jerusalem), Evil or Only Immature? Kant and the Complexity of Moral Failure
Chair: Thomas Land (University of Victoria) - 16:15-16:45 – Kaffeepause
- 16:45-18:00 – Wolfram Gobsch (ETH Zürich), Kant’s Dialectical Ethics: The Case for Radical Evil and the Transgression Theory of Freedom
Chair: Laura Papish (George Washington University)
21. Juni 2022
Obere Mensa, Campus Am Neuen Palais, Haus 12
- 10:15-11:30 – Francey Russell (Barnard), Kant’s Fear of Fire and the Dark
Chair: Camilla Angeli (FU Berlin) - 11:45-13:00 – Brady Bowman (Penn State), The Illegality of the Good in Jacobi and Hegel
Chair: Charlotte Szász (Lüneburg) - 13:00-14:30 – Mittagspause
- 14:30-15:45 – Dean Moyar (Johns Hopkins), Radical and Recognized Evil: Hegel’s Incorporation of the Counternormative
Chair: Andrew Chignell (Princeton) - 15:45-16:00 – Kaffeepause
- 16:00-17:15 – Peter Dews (Essex), Reason and the Theory of the Will in Hegel and in Schelling’s Late Philosophy
Chair: Andy Werner (Houston) - 17:15-17:45 – Kaffeepause
- 17:45-19:00 – Michelle Kosch (Cornell), Oppression, possession and unilateral recognition: Simone de Beauvoir on motivations for evil
Chair: Isabel Sickenberger (Potsdam)
Videos
Francey Russell (Barnard), Kant’s Fear of Fire and the Dark
Brady Bowman (Penn State), The Illegality of the Good in Jacobi and Hegel
Dean Moyar (Johns Hopkins), Radical and Recognized Evil: Hegel’s Incorporation of the Counternormative
Peter Dews (Essex), Reason and Theory of the Will in Hegel and Schelling’s Late Philosophy
Bild
Lucas Cranach d.Ä., Paradies (1530)